Gewann Entenpfuhl: Grünen-Abgeordneter Andre Baumann schreibt an Minister Peter Hauk (CDU) und fordert die Prüfung eines Windparks im gefährdeten Auskiesungsareal Windräder statt Kiesabbau als Lösung?
Spätestens seit 2015 erste Anträge zum Kiesabbau bekannt geworden sind und sich vor allem in Ketsch eine massive Ablehnung dagegen formiert hat – anfangs auch von Gemeindepolitikern als unbegründet abgetan – geht bei den Mitgliedern der deshalb später gegründeten Bürgerinitiative die Angst um, dass es zur Vernichtung des Wäldchens zwischen der Talhausstraße und dem Gewerbegebiet Ketsch kommen könnte und eine riesige Kiesgrube entsteht. Die Lage ist weiterhin ungewiss. Die Heinrich Krieger KG aus Neckarsteinach hat die Anträge gestellt, mit diversen Untersuchungen untermauert und letztlich liegt es nun an den Ämtern im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises, ob eine solche Abbaugenehmigung erteilt wird oder nicht. Ein schwebendes Verfahren also – in dem weiterhin viel Unsicherheit liegt.
Nun könnte aber eine Initiative des Grünen Landtagsabgeordneten und Umweltstaatssekretärs Dr. Andre Baumann die Zukunft dieses Gebietes neu justieren. Er bringt die Idee ins Spiel, hier zwischen drei und fünf moderne Windräder aufzubauen: „Und da es bisher noch keine schwimmenden Windräder gibt, müsste dann die Auskiesung des Gewanns vom Tisch sein“, scherzt der Politiker. Ganz und gar kein Scherz ist aber seine Idee und sie findet durchaus Widerhall in der Bürgerinitiative „Rettet den Entenpfuhl“: „Mir ist bekannt, dass zwischen Karlsruhe und Mannheim ungefähr 52 Windräder aufgestellt werden sollen. Es gibt wohl Pläne, die vorsehen, dass im Entenpfuhl ein bis drei aufgestellt werden sollen. Ein Windrad braucht angeblich 0,5 Hektar Fläche, bei drei wären das 1,5 Hektar. Wenn man dafür Wald roden muss, sind mir 1,5 Hektar lieber als 42 Hektar im Falle des geplanten Kiesabbaus. Aber das ist meine persönliche Meinung“, sagt BI-Sprecher Heinz Eppel. Dass einige in der BI seiner Meinung sind und lieber grünen Strom aus dem Entenpfuhl sehen möchten statt Kies und Beton, kann sich der 67-jährige Ketscher sehr gut vorstellen. Generell müsse die grüne Landesregierung ja Gas geben, wenn sie das Kohle-Großkraftwerk in Mannheim abschalten wolle. „Wo soll dann der Strom herkommen“, fragt Eppel. Die Unterstützer der BI werden voraussichtlich im März oder April, je nachdem wie die Corona-Vorgaben aussehen, in Schwetzingen zusammenkommen, um über mögliche Windräder zu diskutieren.
Auch der Ketscher Umwelt-stammtisch will bei der für Mai anberaumten Hauptversammlung darüber reden. Vorsitzender Matthias Ihrig spricht bis dahin allein für sich, wenn er Windräder im Entenpfuhl begrüßt. „Windräder sind mir deutlich lieber als eine Auskiesung. Ich finde die Energieform absolut notwendig, um Atom, Kohle und jetzt auch Gas ersetzen zu können.“
Übrigens ist der Entenpfuhl eine der ganz wenigen Stellen in unserer Region, wo laut einer Kartierung der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg tatsächlich Windräder möglich und auch wirtschaftlich zu betreiben wären. „Die moderne Technik erlaubt so einen Betrieb durchaus auch in einem Gebiet, das nicht so windstark ist. Durch die Höhe der neuen Windräder ist das kein Problem mehr“, sagt Baumann. Und er plädiert dafür, dass neben zwei oder drei Windrädern im Gewann Entenpfuhl und weitere zwei oder drei auf der anderen Seite der Autobahn in der Schwetzinger Hardt entstehen könnten. Schließlich könne man doch „in der Weltspargelstadt Schwetzingen nicht gegen eine Verspargelung der Landschaft sein“, meint er und lacht. Für ihn ist klar, dass alle Regionen sich in die Energiewende einbringen müssen. Mit Solaranlagen. Windparks und mit der hier möglichen Geothermie, so Baumann weiter. Nur dann könne man sich unabhängig machen von Energielieferungen aus dem Ausland und den CO2-Ausstoß verringern.
Andre Baumann hatte jetzt Minister Peter Hauk angeschrieben, der im Land für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zuständig ist und zu dessen Bereich auch der Staatliche Frost gehört: Baumann schildert, dass im Klimaschutzgesetz festgeschrieben stehe, dass in allen Regionen Baden-Württembergs zwei Prozent der Fläche für Photovoltaik- und Windkraftnutzung bereitgestellt werden sollen: „Ihr Haus hat – wie im Koalitionsvertrag verankert – im Rahmen der Vermarktungsoffensive potenzieller Windkraftflächen von Forst BW bislang zwei Tranchen für Windkraftanlagen auf den Weg gebracht, weitere sollen folgen. Die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) hat Potenzialflächen für den Ausbau der Windenergie identifiziert, die von Ihrem Ministerium als Grundlage genutzt werden. Im Süden von Schwetzingen eignen sich laut LUBW im Waldgebiet Schwetzinger Hardt im Bereich Entenpfuhl Waldflächen für den Windkraftausbau. Dieses Waldgebiet war im Regionalplan der Metropolregion als Vorranggebiet für die Rohstoffnutzung (Kiesabbau) ausgewiesen. Im Herbst 2019 hatten Sie dieses Waldgebiet vor Ort besucht. So wichtig eine regionale, dezentrale Versorgung mit mineralischen Rohstoffen ist, ist eine Rohstoffnutzung hier mittlerweile sehr unwahrscheinlich. Das bestehende Wasserschutzgebiet Schwetzinger Hardt wurde – bislang vorläufig – auf diesen Waldbereich ausgedehnt. Ein positiver Abschluss der Ausweitung des Wasserschutzgebiets ist zu erwarten. Die Neuanlage einer Nassauskiesung im Bereich Entenpfuhl wird in einer Wasserschutzzone IIIa unwahrscheinlich. Der Regionalplan wurde an diese Entwicklung angepasst: Der Vorrang der Rohstoffnutzung ist nicht länger das Ziel der Raumplanung für den Bereich“, heißt es im Brief an Hauk.
Baumann hatte nun den Minister darum gebeten zu prüfen, ob sich Staatswaldflächen im Bereich Entenpfuhl sowie benachbarte Waldflächen zwischen der B 39 und A 6 und östlich der Autobahn für den Windkraftausbau aus Sicht von Forst BW eignen. „Bei einer positiven Prüfung, bitte ich Sie, dafür zu sorgen, dass diese im Rahmen der Vermarktungsoffensive von Forst BW für eine Windkraftnutzung ausgeschrieben werden“, so Baumann. Es böte sich so auch die Chance, den Wald im Entenpfuhl durch gezielte Neupflanzungen ökologisch gesehen deutlich aufzuwerten und so noch schützenswerter zu machen. Ein weiterer Aspekt, der sich hier verwirklichen ließe.
Minister Hauk hat dem Grünen-Abgeordneten inzwischen auch schon auf seinen Brief geantwortet. Sein Tenor dabei ist, dass sich die Fläche, die sich im Bereich des Entenpfuhls in Besitz von Forst BW befinde, auf zehn Hektar Fläche grundsätzlich für Windkraft eigne, aufgrund der geringen Größe und der noch ausstehenden Entscheidungen in Sachen Kiesabbau und Ausweisung als Wasserschutzgebiet, aber nicht in der ersten Vermarktungspriorität für den Landesbetrieb stehe. Zudem sei auch die sogenannte Windhöffigkeit von 215 215 W/m eher im unteren Bereich der Wirtschaftlichkeit, gibt Minister Hauk zu bedenken.
Er will demnach die Entscheidungen zum Wasserschutzgebiet und zur Rohstoffgewinnung (Auskiesung) abwarten und erst dann eine Prüfung beauftragen. Was erst mal wie eine Absage an Baumanns Pläne klingt, sieht der Grüne gar nicht negativ: „Um die landesweiten Ziele, die wir uns für die Energiewende gesetzt haben, zu erreichen, werden wir auch solche Flächen für Windräder brauchen. Im Entenpfuhl sind zwar noch einige Hürden zu überspringen und die Verfahren zum Wasserschutz abzuschließen. Aber die Hürden gilt es zu überwinden und damit wäre am Ende der Erhalt des Gewanns gesichert“, sagt er.
Bleibt noch die Frage, ob der Antrag auf Auskiesung durch die Firma Krieger nicht doch noch zum Tragen kommen könnte. Wir haben beim Landratsamt in Heidelberg nachgefragt, wie weit denn das Genehmigungsverfahren ist? Margarete Schuh, die Leiterin des Wasserrechtsamts, sagt: „Das Genehmigungsverfahren steckt noch in den Kinderschuhen. Der Antrag auf die wasserrechtliche Gestattung ist gestellt. Das Verfahren ruht jedoch, da der Antragsteller derzeit noch dabei ist, die notwendigen Unterlagen und Pläne für das Gestattungsverfahren zusammenzustellen. Daneben gibt es Bestrebungen, den Wasserschutz aufzuwerten. Die endgültige Neuausweisung des Gebietes zur Trinkwasserschutzzone 3 ist bislang noch nicht erfolgt. Das Gebiet steht jedoch vorläufig unter Schutz. Mit der Entscheidung über die endgültige Ausweisung ist bis spätestens Mitte des Jahres 2022 zu rechnen,“ so Schuh auf Anfrage dieser Zeitung.
Bericht und Bilder aus der Schwetzinger Zeitung vom 25.03.2022 von Jürgen Gruler und Marco Brückl