Entenpfuhl droht weiter der Baggerbiss
Umweltschutz: Planfeststellung zum Kiesabbau verzögert sich – Gegner fürchten zu wenig Protest der Bevölkerung
„Grundsätzlich halten wir an unseren bisherigen Planungen fest“, teilt die Firma Krieger aus dem südhessischen Neckarsteinach auf Anfrage unserer Zeitung mit. So sei neben dem Abbau von Kies weiterhin die Errichtung eines Transportbetonwerks geplant, durch das der fertige Baustoff direkt an Kunden geliefert werden kann.
Doch die Umsetzung ist kompliziert. Wie bei allen größeren Bauvorhaben muss die Firma Krieger nach zahlreichen Voruntersuchungen zunächst einen Antrag auf Planfeststellung stellen, über den dann der Rhein-Neckar-Kreis unter Anhörung verschiedener Betroffener und sogenannter Träger öffentlicher Belange entscheiden muss. Beim geplanten Kiesabbau im Entenpfuhl spielt dabei bekanntlich der Trinkwasserschutz eine zentrale Rolle, wobei der Zweckverband Wasserversorgung Kurpfalz (ZWK) bereits deutlich gemacht hat, dass er grundsätzlich gegen die Pläne ist (wir berichteten mehrfach).
Doch bevor die Träger öffentlicher Belange ihre Einwände vortragen können, muss die Planfeststellung erst einmal angelaufen sein – und das ist beim Entenpfuhl bislang noch gar nicht der Fall. „Wir können bestätigen, dass der Antrag auf Planfeststellung am 11. November 2022 bei uns eingegangen ist. Er war jedoch nicht vollständig, was wir der Firma Krieger auch mitgeteilt haben“, erklärt Silke Hartmann, Sprecherin des Landratsamtes. „Erst nach der Vervollständigung werden wir den Antrag den Trägern öffentlicher Belange zur Stellungnahme weiterleiten.“ Damit sind unter anderem Behörden gemeint, die ebenfalls zur Kreisverwaltung gehören. So werde sich die Forstverwaltung des Rhein-Neckar-Kreises zur Waldausgleichsfläche und die Immissionsschutzbehörde des Landratsamtes zu einem möglichen Lärmgutachten äußern – aber eben erst, wenn der Antrag final gestellt worden sei.
Die Firma Krieger teilt mit, sie habe knapp ein halbes Jahr nach Antragstellung die Rückmeldung vom Landratsamt erhalten, dass sie noch „verschiedene ergänzende Unterlagen“ nachreichen müsse. „Es ist für uns als Familienunternehmen ein wichtiges Anliegen, dass alle Sachverhalte fachgerecht aufbereitet werden. Daher werden die Antragsunterlagen von uns sehr sorgfältig ergänzt“, erklärt der Prokurist der Firma Krieger, Steffen Ritter. Einen konkreten Zeitraum teilt das Unternehmen nicht mit.
Somit verzögert sich das ohnehin langwierige Verfahren erst einmal weiter. Bei den Gegnern des Kiesabbaus ruft das Erinnerungen wach. „Es hat ja auch schon über zwölf Jahre und unzählige Untersuchungen gedauert, bis die Behörden das Gebiet rund um den Entenpfuhl zum Wasserschutzgebiet erklärt haben. Leider wurde in der Zwischenzeit die Fläche bereits an die Firma Krieger verpachtet und im Nachgang festgestellt, dass die Einrichtung des Schutzgebietes dem Kiesabbau zumindest nicht grundsätzlich entgegensteht, trotz aller Bedenken verschiedener Experten. Inzwischen sind alle Beteiligten ziemlich schmallippig geworden, was öffentliche Äußerungen angeht“, sagt Heinz Eppel, Sprecher der BI. „Manche Leute könnten da das Gefühl bekommen, dass versucht wird, auf Zeit zu spielen, damit das öffentliche Interesse nicht mehr so groß ist.“
Und tatsächlich sei der Widerstand gegen das Projekt zuletzt etwas stiller geworden. „Dazu trägt auch die Lage des Entenpfuhls bei: Er gehört offiziell zu Schwetzingen, betrifft aber eben vor allem die Ketscher, die viel näher daran wohnen. Wirklich Einfluss nehmen, könnte aber nur die Stadt Schwetzingen, weil Ketsch rein rechtlich kaum in die Vorgänge eingebunden ist. Doch aus Schwetzingen hören wir leider wenig zu dem Thema, auch nicht von Umweltgruppen und anderen sonst sehr kritischen Akteuren. Das ist schade, denn hier könnte man mal etwas in seiner Region bewirken, auch wenn man nicht ganz unmittelbar davon betroffen ist“, macht Eppel deutlich.
Kritikpunkte gebe es schließlich genug – neben dem abgeholzten Wald und den befürchteten Risiken für die Trinkwasserversorgung werde es beispielsweise zu Lärmbelastungen kommen. Davon ist auch der Ketscher Grünen-Gemeinderat Günther Martin überzeugt, der das Thema Lärmgutachten wieder in den Vordergrund stellen möchte. „Was ich vermisse, ist der Protest der Bürger am Rand der Gemeinde Richtung Hockenheim, die den Lärm abbekommen werden –denn so ein Kieswerk wird viel Krach machen. Die alten Ketscher kennen das noch aus der Zeit, als in den heutigen Baggerseen im Rheinwald abgebaut wurde. Wenn damals die Baggerschaufel an den Metalltrichter geschlagen hat, dann hat halb Ketsch gebebt“, sagt Martin. Viele würden wohl erst aktiv, wenn es zu spät sei. Denn ein Lärmgutachten müsse frühzeitig eingefordert werden – und das ginge nur von persönlich Betroffenen, nicht etwa vom Ketscher Gemeinderat.
Aber auch die örtlichen Landwirte wären von dem Projekt vermutlich betroffen, prophezeit Martin. „Für den gerodeten Wald müssten große Ausgleichsflächen geschaffen werden, und da bleiben in unserer dichtbesiedelten Region eigentlich nur Äcker. Die meisten Wiesen und Bereiche im Hockenheimer Rheinbogen sind nämlich geschützt, weil dort offene Flächen für bestimmte Tiere und Pflanzen bestehen bleiben müssen“, erklärt Martin. „Aber auch von den Bauern gibt es bislang keinen Protest, die doch sonst oft lautstark gegen andere Projekte demonstrieren.“
Die BI will derweil das Thema im Bewusstsein der Bürger halten. Für den Sommer sind weitere Waldbegehungen geplant, um die Auswirkungen des geplanten Kiesabbaus aufzuzeigen. „Wir sprechen auch regelmäßig mit den Landtags- und Bundestagsabgeordneten unserer Region, um sie für das Thema zu sensibilisieren. Insgesamt erhalten wir von vielen Seiten wohlwollende Unterstützung, aber an der konkreten Gefahr durch die Abbaupläne ändert das leider bislang nichts. Wir würden uns einfach wünschen, dass der Entenpfuhl zu einem ,richtigen’ Wasserschutzgebiet erklärt wird und dort keine tiefe Grube samt Betonwerk entstehen darf“, sagt BI-Sprecher Heinz Eppel.
Bericht aus der Schwetzinger Zeitung vom 16.03.2024, Benjamin Jungbluth