Firma Krieger bereitet weiter ihre Pläne für den Entenpfuhl vor und gibt Einblicke in ein ähnliches Werk
Menschen vom Kiesabbau überzeugen
Ketsch/Region. Der geplante Kiesabbau im Schwetzinger Gewann Entenpfuhl bei Ketsch bewegt weiterhin die Gemüter in der Region. Befürworter sehen in dem Projekt eine wichtige Investition in den regionalen Rohstoffabbau, Gegner fürchten hingegen Umweltschäden und negative Auswirkungen auf die Bevölkerung. Diese Zeitung berichtet seit Jahren über das Projekt und hat dabei immer wieder die verantwortlichen Behörden, den Zweckverband Wasserversorgung Kurpfalz, die Bürgerinitiative „Rettet den Entenpfuhl“ und regionale Politiker zu Wort kommen lassen.
Nun sind wir einer Einladung der Firma Krieger gefolgt, die den Abbau im Entenpfuhl auf rund 42 Hektar umsetzen will. Bei einer Besichtigung eines Kieswerks in der Nähe von Bruchsal, das das Unternehmen aus dem hessischen Neckarsteinach zusammen mit anderen Firmen betreibt, geben der geschäftsführende Gesellschafter Michael Krieger sowie Diplom-Biologe Jochen Roeder einen Einblick in die Abläufe eines solchen Werks und erläutern ihre Sicht auf die Pläne bei Ketsch.
„Wir möchten das Projekt im Entenpfuhl möglichst transparent angehen, weil wir als regionales Familienunternehmen dort langfristig aktiv sein wollen. Deshalb haben wir bereits vor mehreren Jahren und in einem sehr frühen Planungsstadium die Öffentlichkeit informiert sowie zusätzliche freiwillige Infoveranstaltungen organisiert. Wir möchten einen offenen Dialog führen und die Menschen überzeugen“, erklärt Michael Krieger, der das 1891 gegründete Familienunternehmen in vierter Generation leitet.
Aktuell arbeitet die Firma am Antrag für die Planfeststellung. Wie berichtet, hatte das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises als zuständige Behörde im vergangenen Jahr zusätzliche Unterlagen eingefordert. „Das ist ein sehr komplexes Verfahren und wir haben ein großes Interesse daran, dass alles korrekt ist. Schließlich wollen wir die nächsten Jahrzehnte vor Ort sein und sind währenddessen dafür verantwortlich, dass alles richtig läuft“, erklärt Krieger.
Im Anschluss werden dann die Träger öffentlicher Belange – etwa die Forstverwaltung und die Immissionsschutzbehörde des Landratsamtes – gehört, bevor der Kreis über den Beschluss entscheidet. Danach folgen die öffentliche Auslage und die weitere vorgeschriebene Beteiligung der Bevölkerung.
Der geplante Abbau im Entenpfuhl soll dabei dem seit Jahrzehnten andauernden Schrumpfen der Gewinnungsstätten im Land und speziell in der Rhein-Neckar-Region entgegenwirken. Trotz eines immer höheren Bedarfs an Steinen, Kies und Sand, ist die Zahl der Abbaustätten von vielen tausend auf rund 500 gesunken.
Das liegt laut dem Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg einerseits an ökonomischen Gesichtspunkten, andererseits an immer schwierigeren Planungs- und Genehmigungsprozessen. In der Folge hätten die Transportwege deutlich zugenommen, was Auswirkungen auf den Klimaschutz und den Verkehr habe. Ein regionaler Abbau könne hingegen aus Sicht der Branche Emissionen und Belastungen verringern.
Doch wie würden Sand und Kies als Grundlage für Beton und andere Baumaterialien überhaupt im Entenpfuhl abgebaut? Hier bietet das Werk bei Bruchsal, das in seiner Ausdehnung ein ganzes Stück größer ist als die Pläne bei Ketsch, ein gutes Beispiel. Seit über 50 Jahren wird hier gegraben – zunächst im Trockenabbau, doch bereits nach kurzer Zeit unter Wasser, weil der Grundwasserpegel einen Baggersee hat entstehen lassen.
Ein schwimmender Bagger arbeitet sich seitdem durch den Untergrund, während ein langes Förderband den Aushub an Land transportiert. Dort werden die Steine automatisch nach Größe sortiert und es entstehen die markanten Hügel: vom kleinkörnigen Sand bis hin zu mehreren Zentimetern großen Kieselsteinen. Über ein weiteres Förderband kann dann das benötigte Material direkt ins benachbarte Transportbetonwerk gebracht werden, während Lastwagen den restlichen Sand und Kies in der Region ausliefern. Der durchschnittliche Transportweg liegt dabei laut Branchenverband bei unter 40 Kilometern – allein schon aus Kostengründen, weil das Material sehr schwer ist.
„Entgegen anderer Aussagen verursachen wir beim gesamten Produktionsprozess vergleichsweise wenig Lärm. Weder schlägt da eine Baggerschaufel laut auf Gestein, noch produzieren Förderbänder oder das Transportbetonwerk nennenswerte Schallwerte. Und natürlich gibt es auch bei diesem Thema in Deutschland sehr strenge Vorschriften, die langfristig von den Behörden kontrolliert werden“, betont Krieger.
Ähnlich strikte Vorgaben gebe es beim Thema Trinkwasser. Auch hier sieht das Unternehmen deshalb keine Probleme im Entenpfuhl, wie das Planfeststellungsverfahren zeigen werde.
Beim Thema Waldrodungen sei es hingegen zunächst nachvollziehbar, dass viele Menschen spontan Bedenken hätten. „Aber das Thema Naturschutz und Artenvielfalt ist – allen pauschalen Vorwürfen gegen unsere und andere Branchen zum Trotz – ein ganz wichtiger und elementarer Bestandteil unserer Projekte. Dabei geht es nicht nur darum, dass für uns Ausgleichsflächen und viele weitere Umweltschutzauflagen vorgeschrieben sind. Wir leisten auch gerne einen zusätzlichen Beitrag für die Natur“, sagt Krieger.
Um das zu untermalen, zeigt der geschäftsführende Gesellschafter zusammen mit dem Diplom-Biologen Jochen Roeder bereitwillig das große Abbaugelände bei Bruchsal. Mit einem ausgemusterten Landungsboot der Bundeswehr geht es dabei über den dortigen, rund 50 Hektar großen Baggersee. Experte Roeder, der bei der Neckarsteinacher Firma seit 2022 angestellt ist und die komplexen Genehmigungsverfahren, aber auch den laufenden Betrieb betreut, ist sofort in seinem Element.
„Wir haben hier unzählige seltene und vom Aussterben bedrohte Tierarten, die sich erst infolge unseres Abbaus angesiedelt haben. Denn durch die Umnutzung und die dabei entstandenen Magerböden finden sie jetzt optimale Lebensbedingungen vor. Dort hinten haben wir zum Beispiel die Westliche Dornschrecke und den Dünen-Sandlaufkäfer entdeckt, die beide offene Sandflächen benötigen. Diese Böden gibt es aber in unserer Region kaum noch, weil das Gelände entweder durch Siedlungen oder Landwirtschaft verändert wird oder aber unkontrolliert zuwächst“, erklärt der Biologe.
Rund um den Kiesabbau bei Bruchsal arbeitet die Firma Krieger hingegen eng mit dem örtlichen Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sowie dem Naturschutzreferat des Regierungspräsidiums Karlsruhe zusammen, um die Biotope und besonderen Lebensräume bewusst zu fördern. „Wir sorgen dafür, dass die Magerflächen nicht wieder durch zu viele Pflanzen zuwachsen, denn das würde die seltenen Arten erneut verdrängen. Für Menschen, die gerne in der Natur sind, klingt das manchmal paradox, aber aus Sicht der Biologen sind solche Flächen wertvoller als große Teile unserer Kulturlandschaft. Diese bietet gerade bedrohten Arten kaum noch Lebensraum“, sagt Jochen Roeder.
Zusammen mit dem Nabu-Landesverband haben der Industrieverband Steine und Erden sowie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt deshalb bereits vor Jahren Leitlinien zur nachhaltigen Rohstoffnutzung in Baden-Württemberg erarbeitet. Darin heißt es: „Die zunächst deutlich sichtbaren Eingriffe in Natur und Landschaft können sich nachweislich zu wertvollen Lebensräumen entwickeln.“ Gleichzeitig seien „ökologisch herausragende und zudem gefährdete Biotope“ wie die Auwälder am Rhein ohnehin tabu für einen Abbau.
In Bezug auf den Entenpfuhl sieht die Firma Krieger die Situation ähnlich: Zweifellos käme es zunächst zu großen Eingriffen in die Natur, wenn schrittweise über Jahrzehnte der bestehende Wald abgeholzt würde. Doch neben einem unberührten Randgebiet, das auch aus optischen Gründen rund um das Abbaugelände dauerhaft stehen bleiben würde, entstünden zusätzlich zu den vorgeschriebenen Ausgleichsflächen neue und aus Sicht der Fachleute sogar hochwertige Naturräume.
„Langfristig können solche Gebiete auch wieder komplett renaturiert werden, wenn der Abbau nach Jahrzehnten komplett abgeschlossen ist. Ketsch selbst kennt das ja bereits von seinen Baggerseen, wie dem Hohwiesen- und dem Anglersee – auch wenn dort der Naturschutz hinter dem Freizeitwert zurückstehen muss“, erklärt Roeder.
Zum Abschluss der Rundtour führt der Biologe noch kurz zum hintersten der großen Rohstoffhügel. Dort hat er die Woche zuvor eine ganz besondere Entdeckung gemacht, die er jetzt Besuchern voller Stolz präsentiert: Unzählige Kaulquappen der streng geschützten und stark gefährdeten Wechselkröten haben hier in einem kleinen Wasserloch ihre Kinderstube gefunden.
„Das ist eine kleine Sensation, das wird die Kollegen vom Nabu begeistern“, sagt Roeder. Um die seltenen Tiere zu schützen, hat er den Sandwall rund um die Laichstelle kurzfristig erhöhen lassen und kontrolliert mit Blick auf die wärmeren Temperaturen regelmäßig, dass genug Wasser vorhanden ist.
„Das ist nur ein kleiner Schritt, aber er zeigt, dass das Thema Naturschutz sehr komplex ist. Ein Kiesabbau ist also mitnichten ein rein negativer Eingriff in bestehende Ökosysteme, sondern ermöglicht sogar neue Perspektiven. Biologen sprechen dabei von einem Pionierraum, der seltenen Pflanzen und Tieren das Überleben ermöglicht“, sagt Jochen Roeder.
Worte, die Michael Krieger natürlich gerne hört. „Wir geben diese Einblicke in unsere Branche bereitwillig an die Öffentlichkeit weiter, führen regelmäßig Schulklassen und andere Gruppen über das Gelände und versuchen, möglichst transparent zu sein“, sagt Krieger. „Vielleicht können wir dadurch etwas mehr Verständnis erzeugen für das, was wir hier tagtäglich tun.“
Weitere Bilder gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de.
Großer Bedarf, wenig….
Bericht aus der Schwetzinger Zeitung von Benjamin Jungbluth vom 03.07.2024