„Das Klima schützen ist auch hier eine Aufgabe“
Mit der Folge, dass die 42 Hektar Wald tatsächlich gerodet werden, der Kies abgebaut wird und am Ende ein mehr als 30 Meter tiefes Loch bleibt, das dann zum See wird. Die Folgen für die Natur und den Menschen, davon sind die Mitglieder der Bürgerinitiative Entenpfuhl um die beiden BI-Vorsitzenden Heinz Eppel und Werner Zieger überzeugt, wären verheerend.
„Und genau deshalb war ihnen die Informationsveranstaltung im Ferdinand-Schmid-Haus auch so wichtig. Denn auch wenn am Ende die Mühlen der Bürokratie den Prozess entscheiden, sei nie ausgeschlossen, dass bürgerliches Engagement einen Unterschied mache. Und der Unterschied hier würde bedeuten, dass der Wald erhalten bliebe.
Für die BI-Mitglieder und den Vorsitzenden des Umweltstammtisches, Matthias Ihrig, wäre es der Beleg dafür, dass Klima- und Naturschutz nicht nur in Sonntagsreden hochgehalten würde, sondern ganz real hier vor Ort ernst genommen werde.
Nachdem Ihrig die rund 40 Gäste begrüßte, beschrieb der Vorsitzende kurz die Historie des Kiesabbauvorhabens und der 2019 gegründeten BI Entenpfuhl. Fünf Jahre zuvor, im Jahr 2014, wurde das 42 Hektar große Areal Entenpfuhl als Rohstoffabbaugebiet freigegeben. Bedeutet, wenn die Firma Krieger sämtliche Unterlagen abgegeben habe und die Behörden ihr okay geben, wäre der Wald Geschichte.
Dabei würde hier nicht nur der Kies abgebaut, sondern auch eine riesige Zementfabrik entstehen. Als Pluspunkt im Kampf um den Erhalt des Entenpfuhls verzeichnete Eppel den Entscheid der Behörden im März 2022, das ganze Gebiet nicht mehr nur als vorläufiges Wasserschutzgebiet, sondern nun als Wasserschutzgebiet auf Dauer gilt.
Auch auf die Aktionsbilanz der BI schaut der Vorsitzende durchaus zufrieden. Unterschriften gesammelt, eine Petition eingereicht und auch mit dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann diskutiert. Vor allem letzteres ohne wirklichen Effekt. Dass ein Grünen-Politiker sich gegenüber dem Schicksal eines kleinen Waldstückes so unberührt zeigte, enttäuschte Eppel nachhaltig.
Ganz allgemein empfindet er die politische Resonanz aus Stuttgart als eher mangelhaft. Und dass bei Risiken für Natur und Mensch, die durchaus erheblich seien.
Und Eppel denkt nicht nur an die lokalen Dinge, wie zunehmende Lärm- und Staubbelastung, sowie den Verlust der für das Mikroklima so wichtige Kühlfunktion des Waldes. Die Wasserfläche des Sees wird bei steigenden Temperaturen zu einer Art Verstärker für Starkregenereignisse und damit das regionale Schadensvolumen sicher erhöhen.
Und dann sei da noch der Grundwasserschutz, das wohl stärkste Argument. Ein paar Hundert Meter vom Entenpfuhl entfernt wird Trinkwasser für viele Zehntausende Menschen gefördert. Der Kiesabbau und der anschließende See werden sich laut diverser Studien nachteilig auf die Wasserqualität auswirken. Was dann wiederum mehr Reinigungsanstrengungen bedeutet und Wasser für die Menschen teurer macht.
Aber Eppel geht es um mehr: Für ihn ist es sehr nah an der Scheinheiligkeit, von Ländern in Südamerika zu fordern, ihren Wald zu schützen und damit auf wirtschaftliches Potenzial zu verzichten. Und gleichzeitig hier Wald zu roden und das Areal zu kommerzialisieren. Wasser zu predigen und selber Wein zu trinken, sei kein Handeln, das Vertrauen stiftet.
„Wer das Klima schützen will, muss das auch hier tun.“ Und für die BI heißt das, alles zu tun, damit dieses Waldstück erhalten bleibt. Und dem Argument, dass diese 42 Hektar Wald nicht so wertvoll seien, also nicht wirklich erhaltenswert, können Epple und sein BI-Team nicht folgen. Ja, so Eppel, es gebe Schwachstellen in Form von absterbenden Kiefern im Wald. Aber die seien alle menschengemacht.
Und derzeit sei die Natur gerade dabei, sich zu erholen. Und dann haben hier im Saal fast alle Probleme mit der Formulierung, ein nicht so wertvoller Wald. Was soll das überhaupt sein, so der Tenor. Hier im Saal des Ferdinand-Schmid-Hauses ließ niemand Zweifel daran aufkommen, dass der Wald den Kampf wert sei.
Dabei ist sich Eppel des Dilemmas bewusst. Der Bedarf nach Wohnraum ist groß. Um dem gerecht werden und auch die Mieten im Zaum halten zu können, muss gebaut werden. Und dafür braucht es Baustoffe, wovon der Kies im Entenpfuhl eine Grundlage ist. Am Ende könnte man sagen, dass dies der Grund dafür ist, dass der Entenpfuhl gerodet und ausgebeutet werden soll.
Doch bei alldem sollte so naturverträglich vorgegangen werden, wie nur möglich. Einen Wald zu roden, so Zieger, gehört da nicht dazu. Auch hier in der Region seien Lagerstätten, die deutlich naturverträglicher auszubeuten seien. Und dann gebe es auch noch das Thema Recyclingbeton.
Hier, so Zieger, müsse vor allem das Land aktiv werden und mit der Bauordnung steuernd eingreifen. Es könne nicht sein, dass die Bauordnung dem Einsatz von mehr Recyclingbeton im Wege steht.
Und, das gehöre hier dazu, die Frage, ob eher kleine Wohnung oder eher großes Haus, ist eine Art Elefant im Raum, über den bis dato kaum jemand spricht. Sicher ist, dass das Rohstoff- und CO2-Einsparpotenzial zwischen den beiden riesig ist.
Ganz wichtig sei es auch, so einige Besucher, die lokalen Politiker stärker zu vereinen. Am besten zögen die Bürgermeister und Gemeinderäte der umliegenden Gemeinden alle an einem Strang.
Dann gäbe es auch in Stuttgart und im Landratsamt mehr Druck und die Chancen für den Erhalt des Entenpfuhl-Waldes stiegen. Der Kampf ist noch lange nicht entschieden. Und, das betonten hier alle, „wir bleiben dran“.
Bericht aus der Schwetzinger Zeitung von Stefan Kern vom 25.03.2025