Windparks sollen Ungleichgewicht ausgleichen
Fahrradtour: Dr. Andre Baumann stellt mögliche Orte für den Ausbau der Versorgung durch erneuerbare Energien vor
Die informative Tour startete an der Hundewiese in Ketsch und drehte sich hauptsächlich um drei Themenschwerpunkte: um den Ausbau der Energietrassen hinter dem Neubaugebiet in Ketsch, um die Realisierung einer möglichen Photovoltaikanlage an der alten Mülldeponie und um das Bewahren des Entenpfuhls vor einer möglichen Rodung aufgrund des Rohstoffabbaus durch Kies.
Andre Baumann äußerte sich deutlich zur Energiewende. „Wir brauchen sicheren Strom und wir brauchen einen Umbau der Energie, der dezentral, dekarbonisiert und digital vonstattengeht. Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt einen großen Strombedarf und dieser wird in der nahen Zukunft nur noch weiter steigen. Deshalb ist es wichtig, so schnell wie möglich auf erneuerbare Energie zu wechseln.“
Laut Baumann gibt es ein signifikantes Ungleichgewicht der Stromversorgung in Deutschland, das zu Käufen im internationalen Raum führt. Besonders Norddeutschland sei momentan der wichtigste Stromgeber. Umso mehr sei es wichtig, auch in Süddeutschland Windparks anzulegen, die besonders den Industriestandort der Metropolregion Rhein-Neckar mit grünem Strom versorgen könnten. Als Beispiel nannte er die BASF: „An der BASF hängen 30 000 Jobs. In naher Zukunft wird diese auf grünen Strom und Wasserstoff umsteigen müssen. Deswegen ist die Realisierung von Windrädern bei uns in der Region essenziell.“ Zudem äußerte der Politiker starke Kritik an den zuständigen Landräten: „Wir brauchen einen Landrat, der die Metropolregion Rhein-Neckar nicht an die Wand fährt. Dieser Wirtschaftsstandort muss erhalten bleiben und das funktioniert nur, wenn wir erneuerbaren Strom haben.“
Deutliche Kritik kam jedoch auch vonseiten der Bürger, die an der Radtour teilnahmen: Besonders der Fakt, dass das Land Baden-Württemberg, das als einziges Land eine grüne Landesregierung besitzt und auf dem letzten Platz beim Ausbau der Windenergie steht, stieß auf große Empörung. Zudem wurde kritisiert, dass die Stromtrassen eigentlich fertig sein sollten, bevor die Atomkraftwerke abgeschaltet wurden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Laut Baumann seien das Land Bayern und besonders der ehemalige Innenminister Horst Seehofer (CSU) an dieser Tatsache schuld, da dieser sich dagegengestellt und den Verzug zu verantworten hätte. Dieser Kommentar sorgte jedoch für Unmut: Eine Teilnehmerin monierte, dass die deutschen Parteien aufhören sollten, sich „gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben“.
Die zweite Station der Fahrradtour war die alte Mülldeponie, die in naher Zukunft als mögliche Photovoltaikanlage realisiert werden könnte. Für Baumann sind solche Flächen, die nicht anderes genutzt werden können, geradezu ideal. Zudem wäre der Solarpark umrandet mit Hecken. Mit einer naturschutzverträglichen Aufwertung, wie zum Beispiel mit dem Beweiden durch Schafe, würde der Schaden vergleichsweise gering gehalten werden. Zwar würde die Stromgewinnung durch diesen Solarpark für die Stadt Schwetzingen alleine nicht reichen, aber laut Baumann müsse irgendwo begonnen werden.
Verständnis hatten die Teilnehmer für den Vorschlag, Windräder auf den Königsstuhl zu stellen.
Abschlussstation der Fahrradtour war der Entenpfuhl. Das Unternehmen Krieger plant, das Gebiet im Gewann abzuholzen und einen Baggersee für die Gewinnung von Kies und Sand zu realisieren (wir berichteten). Für Baumann ist dies unverständlich. „Der Entenpfuhl ist ein Trinkwasserschutzgebiet und allein an die 10 000 Menschen in der Umgebung sind darauf angewiesen. Schon jetzt stehen wir vor dem großen Problem einer Verknappung der Ressource Trinkwasser und in den nächsten Jahren wird die Relevanz dafür noch steigen.“ Die Wichtigkeit, Wald und Trinkwasser nicht für den regionalen Kiesabbau zu opfern, unterstrich der Politiker klar. Zudem sei der Ausgleich für so viele Hektar Wald schlicht unmöglich, betonte er. Stattdessen sollten im Entenpfuhl Windräder mit recyceltem Beton aufgestellt werden.
Zum Ende der Tour lobte Baumann die rege Diskussionsbeteiligung. Generell werde zu wenig kritisch diskutiert und der Austausch zwischen Politik und Bürgern sei wichtiger als je zuvor geworden.
Bericht und Bild aus der Schwetzinger Zeitung von Hannah Beisel, 16.08.2023